Refactoring im Kopf – Wie Coaching wirkt 20. November 2025 | 3 Minuten Lesezeit

Refactoring im Kopf – Wie Coaching wirkt

Refactoring im Kopf – Wie Coaching wirkt

Coaching wird oft zunächst als Gespräch gesehen, und manch eine*r fragt sich dann zurecht: Wie kann das etwas bringen? Es ist auch keine Problemlösung oder ein einfacher Motivationstrick. Als technisch denkender Mensch spürte ich jedoch früh, dass das nicht trifft und habe – dank meines Informatik-Hintergrundes – ein besseres Bild aus der täglichen Arbeit gefunden: Refactoring im Kopf.

Die funktionierende, aber schwer erweiterbare Software

In der Entwicklung kennen wir als Softwareentwickler die Situation:
Der Code läuft, er liefert Ergebnisse. Aber jede Änderung kostet Zeit und Nerven. Historisch gewachsen, voller Workarounds, FixMes und Konstrukte, die man selbst nur noch mit Stirnrunzeln versteht. Weiterentwickeln geht nur, wenn man Mut, Ruhe und ein klares Verständnis davon hat, wie die inneren Bausteine zusammenwirken.

Genau dieses Prinzip findet sich in der Psyche wieder.

Die inneren Dämonen als „Legacy-Code“

Wenn Menschen von ihren „Dämonen“ sprechen, meinen sie selten etwas Mystisches. Es sind alte Muster, Prägungen, Schutzmechanismen und sehr funktionale Reaktionsweisen, denn sie haben uns im Leben bis jetzt gute Dienste erwiesen. Sie entstanden irgendwann, waren oft sinnvoll, manchmal überlebensnotwendig oder haben uns geschützt – wurden aber wenig aktualisiert. Es stellt sich dann die Frage: Passen sie heute noch?

Sie funktionieren weiterhin, aber:

  • skalieren nicht
  • blockieren Weiterentwicklung
  • erhöhen Komplexität
  • limitieren die Erweiterbarkeit
  • reagieren empfindlich auf neue Anforderungen

Das Ergebnis ist wie in der Software:
Ein System, das läuft – aber nur, wenn man es nicht anfassen oder anpassen muss.

Was Coaching hier tatsächlich tut

  • Coaching schreibt keinen Code neu.
  • Coaching kompiliert dich nicht um.
  • Coaching ersetzt keinen Core-Algorithmus.

Coaching wirkt wie ein Refactoring: Es ordnet die internen Strukturen, macht Muster sichtbar und verändert die Art, wie deine neuronalen „Module“ zusammenarbeiten.

Ein wichtiger Hinweis zur Analogie

Wenn ich von neuronalen Modulen oder Verschaltungen spreche, ist das bildlich gemeint. Coaching verändert keine Hirnstrukturen direkt. Was sich verändert, ist die Art, wie du Informationen verarbeitest: welche Interpretationen automatisch greifen, wie du Muster erkennst, welche inneren Regeln Priorität haben und welche Reaktionen verfügbar werden. Es geht also um mentale Modelle, nicht um Biologie – und genau dort entfaltet Coaching seine Wirkung.

Konkreter:

Lesbarkeit erhöhen

Welche Regeln laufen da eigentlich? Welche Muster greifen ineinander? Was stammt aus welchem Lebensabschnitt? Coaching macht sichtbar, was bisher implizit war.

Abhängigkeiten klären

Viele Reaktionen hängen an Bedingungen, die längst veraltet sind.
Coaching zeigt, wo Muster sich gegenseitig blockieren oder unbewusst steuern.

Komplexität reduzieren

Es wird nichts gelöscht, sondern verstanden. Durch Reflexion entsteht Ordnung – und damit Klarheit.

Muster modularisieren

Aus dem Monolith „Ich darf keine Fehler machen“ werden einzelne Bausteine:
Pflichtgefühl, Sicherheitsbedürfnis, Erfahrung, Überzeugung.
Mit Modulen lässt sich arbeiten. Mit Monolithen selten.

Neue Erweiterungspunkte schaffen

Coaching öffnet Handlungsräume, die vorher nicht sichtbar waren.
Im Softwarebild entspricht das sauber gesetzten Schnittstellen.
Das Schöne ist: Du bringst schon alles mit, was du brauchst – wie die Software auch. Es muss nur wieder nutzbar gemacht werden.

Tests zulassen

Kleine Veränderungen ausprobieren, ohne das Gefühl zu haben, das gesamte innere System könnte abstürzen: Das ist oft einer der stärksten Effekte.

Zwei Welten, eine Struktur

Das Bild verbindet Neuropsychologie und Softwareentwicklung:

  • Innere Muster und Reaktionsketten
  • Architektur, Evolution und Verständlichkeit

Beides sind komplexe Systeme mit gewachsenen Pfaden.
Beides reagiert sensibel auf ungeeignete Eingriffe.
Beides verbessert sich durch Klarheit im Inneren.

Und:
Beides profitiert von jemandem, der hilft, den Überblick zu behalten – ohne selbst umzuschreiben.

Fazit

Coaching wirkt nicht, weil jemand „gute Tipps“ gibt.
Coaching wirkt, weil es ermöglicht, das eigene mentale System zu refactoren – ohne es zu beschädigen, ohne Gewalt, ohne Druck. Es ist schon alles in dir, was du brauchst. Coaching schafft Klarheit, wo zuvor Komplexität war, und erzeugt Erweiterbarkeit, wo früher starre Muster dominierten.

Ein besseres psychologisches Build entsteht nicht über Nacht.
Aber der Code im Kopf wird lesbarer, verständlicher und entwicklungsfreundlicher.

Und irgendwann merkt man:
Die Dämonen waren nie Gegner.
Sie waren eher wie schlecht dokumentierter Legacy-Code.